Niedrigwasser-Informationsdienst Bayern

Niedrigwasser-Lagebericht Bayern

Ausgegeben am 02.08.23, 14:00 Uhr

Die Niedrigwassersituation hat sich in Bayern durch die Niederschläge und gesunkenen Temperaturen der letzten Wochen entspannt. Aber Messstellen tieferer oder langsam regenerierender Grundwasservorkommen zeigen bisher mehrheitlich keine Reaktion.
Die Trinkwasserversorgung in Bayern ist insgesamt gesichert, auch wenn in einigen sehr wenigen Fällen gemeindliche Aufrufe zum Wassersparen erfolgten oder in einem Fall ein Wasserversorger eine Anordnung erließ. In der 4-Wochenprognose des DWD werden weitere Niederschläge und kühlere Temperaturen erwartet.

Witterung:
Im bisherigen hydrologischen Sommerhalbjahr (01.05. bis 31.07.2023) beträgt die Niederschlagssumme für Nordbayern 162mm (68% vom Mittel 1971 bis 2000) und für Südbayern 274mm (73% vom Mittel). Die aufeinanderfolgenden Regenfälle der letzten Wochen haben das Niederschlagsdefizit reduziert. Der Niederschlags-/Dürreindex (SPI) der letzten 90 Tage klassifiziert für einige Teile von Mittelfranken der Oberpfalz, Niederbayern und Oberbayern extrem trockene Verhältnisse. Trotz der etwas kühleren Temperaturen der letzten Tage erlebt Bayern einen zu warmen Sommer. So erreicht die Anzahl der Sommertage (Tageshöchsttemperatur mindestens 25°C) das Doppelte des langjährigen Mittels und reicht von 17 (Hof), über 38 (München), 50 (Möhrendorf-Kleinseebach) bis 51 (Regensburg). Die Spannweite der heißen Tage (Tageshöchsttemperatur mindestens 30°C) erstreckt sich von 4 (Hof), über 10 (München, Würzburg), 12 (Regensburg) bis 16 (Möhrendorf-Kleinseebach). Auch bei den heißen Tagen wurde das Doppelte bis Dreifache des langjährigen Mittels erreicht. Bei der DWD-Station Möhrendorf-Kleinseedorf/Lkr. Erlangen-Höchstadt wurde am 15.07. mit 38,8°C die bisher höchste Lufttemperatur des laufenden Jahres gemessen, der Rekordwert von Kitzingen (40,3°C im Jahr 2015) wurde bisher nicht erreicht. Einzelne Stationen verzeichneten mehrere Wüstentage mit Lufttemperaturen über 35°C davon 2 (München, Nürnberg), 3 (Würzburg, Regensburg) und 4 (Möhrendorf-Kleinseebach).

Fließgewässer:
Die Niederschläge der letzten Tage haben die Abflüsse an den Pegeln steigen lassen. Nördlich der Donau wird meist kein Niedrigwasser mehr an den Pegeln beobachtet, südlich der Donau treten noch verbreitet niedrige bis sehr niedrige Abflüsse auf. Bayernweit zeigen ca. 30% der Messstellen für die Jahreszeit niedrige Abflussverhältnisse und an ca. 10 % der Messstellen werden aktuell noch Abflüsse unter dem langjährigen mittleren Niedrigwasserabfluss (MNQ) gemessen.

Seen und Speicher:
Auch wenn die Seewasserstände an den Seen teilweise wieder angestiegen sind, treten an den Seen im Süden Bayerns weiterhin niedrige Wasserstände auf. An ca. 17 % der beobachteten Seen und Speicher werden für die Jahreszeit niedrige Wasserstände, vereinzelt (11%) sehr niedrige Wasserstände registriert.
Die Betriebsräume der staatlichen Wasserspeicher mit Funktion der Niedrigwasseraufhöhung sind derzeit mit 78 % bis 100 % gefüllt. Der Betriebsraum des Großen Brombachsees für die Niedrigwasseraufhöhung beträgt 48 %. Diese Talsperren können für die Niedrigwasseraufhöhung in Anspruch genommen werden.

An den drei Anlagen Ellertshäuser See, Eixendorfer See und der Trinkwassertalsperre Mauthaus werden aktuell weiterhin Baumaßnahmen durchgeführt, so dass dort keine bzw. nur sehr begrenzt Niedrigwasseraufhöhung erfolgen kann. Der Eixendorfer See ist für Sanierungen (Bau eines neuen Entnahmeturms) teilabgestaut. Der Ellertshäuser See wurde in 2021 für umfangreiche Sanierungsmaßnahmen komplett abgestaut (siehe auch: https://wwa-ellertshaeusersee.de). Der Wiederaufstau wurde im September 2022 begonnen und über den letzten Winter wurde das Grundseeniveau wieder erreicht. Der Liebensteinspeicher wurde für Brückenabrissarbeiten der Gemeinde Plößberg in 2022 ebenfalls teilabgestaut und befindet sich im Aufstau. Trotz des noch niederen Füllstandes konnte der Regelbetrieb wieder aufgenommen werden.
Das Überleitungssystem Donau-Main kann derzeit über den Main-Donau-Kanal unter Mitwirkung des Rothsees das Maingebiet im Bedarfsfall planmäßig mit Donauwasser versorgen.
Die Betriebsräume der Trinkwassertalsperren Mauthaus und Frauenau sind derzeit zur uneingeschränkten Wasserlieferung an die Fernwasserversorger mit rund 78 % bzw. 81 % ausreichend gefüllt.

Grundwasserstände:
Aktuell weisen rund 44 Prozent der oberflächennahen Grundwassermessstellen und Quellen niedrige und sehr niedrige Messwerte auf. In den tieferen Grundwasserstockwerken zeigen rund 66 Prozent der Messstellen eine Niedrigwassersituation.

Entwicklung der Grundwasserstände und Quellschüttungen im oberen Grundwasserstockwerk im Sommer 2023:
Nach den insgesamt sehr ergiebigen Frühlingsniederschlägen kam es in Bayern kurzzeitig zu einer Verbesserung der Grundwassersituation. So wurden Anfang Juni an nur noch 30% der Messstellen niedrige oder sehr niedrige Werte gemessen. Hierbei handelte es sich vorwiegend um langsam reagierende Messstellen fließgewässerferner Grundwasservorkommen mit mächtiger Überdeckung bzw. großen Flurabständen.
Als Folge der anschließenden ausgeprägten Trockenperiode bis Mitte Juli hatte sich die Grundwassersituation jedoch schnell wieder verschärft. So wurden zum Höhepunkt der Trockenperiode an fast 60% der Messstellen wieder Niedrigwasserverhältnisse registriert (Abb. 2). Der Witterungswechsel der letzten Wochen führte dann in vielen oberflächennahen und fließgewässerbegleitenden Grundwasservorkommen zu einer leichten Entspannung. Aktuell liegt der Anteil von Messstellen mit niedrigen bzw. sehr niedrigen Messwerten bei rund 44%. Die Situation ist somit vergleichbar bzw. etwas günstiger als zum selben Zeitpunkt in den Vorjahren (2022: 74%, 2021: 18%, 2020: 50%, 2019: 49%, 2018: 55%).
In weiten Teilen Nordbayerns werden derzeit durchschnittliche Grundwasserstände und Quellschüttungen registriert. Von niedrigen Grundwasserverhältnissen betroffen sind vor allem Bereiche des Unteren Mains, sowie die Grundwasservorkommen des Fränkischen Jura sowie des Sandsteinkeuper.
In Südbayern werden hingegen noch immer verbreitet niedrige oder sehr niedrige Grundwasserstände registriert. Schwerpunkte bilden die Grundwasservorkommen der Münchner Schotterebene, des Tertiär bzw. der Oberen Süßwassermolasse, sowie einzelne quartäre Vorkommen entlang der Fließgewässer.

Entwicklung der Grundwasserneubildung in den letzten Jahren:
Aufgrund der zu geringen Niederschläge der letzten Jahre weist die Grundwasserneubildung in Bayern seit 2003 ein mittleres jährliches Defizit von 16 % auf. Durch die zuletzt gehäuft aufgetretenen Trockenjahre (2015, 2018, 2019, 2020, 2022) kann dieses Defizit nicht nachhaltig durch einzelne regenreiche Monate ausgeglichen werden. Insbesondere (Stark ) Niederschläge in hoher Menge und kurzer Dauer fließen auf ausgetrockneten Böden teilweise direkt wieder an der Oberfläche ab. In Kombination mit der hohen Pflanzenverdunstung im Sommerhalbjahr (Mai-Oktober) stehen die Niederschläge für eine Auffüllung der Grundwasservorräte nur zu einem vergleichsweise geringen Anteil zur Verfügung. Eine Verbesserung der Situation durch eine nachhaltige und flächendeckende Regenerierung, speziell in fließgewässerfernen Grundwasservorkommen, ist mit hoher Wahrscheinlichkeit erst wieder durch ein außergewöhnlich niederschlagsreiches Winterhalbjahr 2023/24 (November bis April) möglich.

Entwicklung der Grundwasserstände in den tieferen Grundwasserstockwerken:
Die Grundwassermessstellen der tieferen Grundwasserstockwerke weisen bereits seit dem Trockenjahr 2015 mehrheitlich niedrige Grundwasserstände auf. Die Anzahl der als niedrig und sehr niedrig klassifizierten Grundwassermessstellen beträgt derzeit rd. 66% (Abb. 2). Besonders von niedrigen Grundwasserständen betroffen sind die Messstellen des Jura, des mittelfränkischen Sandsteinkeupers sowie des Tertiärs zwischen Alpenvorland und Donau.

Trinkwasserversorgung
Die Trinkwasserversorgung in Bayern ist insgesamt gesichert. Aufgrund der trockenen Wetterlage sind im südlichen Schwaben und der südlichen Oberpfalz (im Kristallin) Rückgänge der Schüttungen der für die Trinkwasserversorgung genutzten Quellen zu beobachten. In den Allgäuer Alpen und kleinen Ortsteilen im Allgäu können in einzelnen Fällen bei Wasserversorgern, die sich vorwiegend auf Quellwasser stützen, bereits Engpässe auftreten. Jeweils von einem Wasserversorger in Mittelfranken und Unterfranken der Oberpfalz und Schwaben ist der vorsorgliche Aufruf an die Bevölkerung zum Wassersparen bekannt. Ein Wasserversorger im nordöstlichen Unterfranken erließ eine Anordnung, mit der bestimmte Nutzungen, z.B. Befüllen von Pools, Autowaschen, Reinigung von Verkehrsflächen, Beregnung von Rasenflächen, Spiel- und Sportplätzen untersagt wurden. In Kombination mit der aktuellen Sanierung von Quellen kommt es in mehreren Ortsteilen einer Gemeinde in der Oberpfalz zur Beeinträchtigung der Wasserversorgung. Die Gemeinde erließ deshalb Mitte Juni eine Anordnung mit Untersagung bestimmter Nutzungen. Die Versorgung eines Ortsteils einer Gemeinde im nördlichen Oberfranken wird mittels Tankwagen unterstützt.

Gewässerökologie Fließgewässer und Seen:
Die gewässerökologische Situation in unseren Fließgewässern wird maßgeblich durch das Zusammenspiel von Wassertemperatur, Sauerstoff und Abfluss bzw. Wasserstand und Strömung bestimmt. Mit den teilweise ausgiebigen Niederschlägen und den gemäßigten Temperaturen hat sich die kurzfristige gewässerökologische Situation etwas entspannt. Überschreitungen der Orientierungswerte für die Wassertemperatur werden aktuell an den gewässerkundlichen Pegeln nicht mehr gemessen.
Auch für die Flussperlmuschelbäche in Oberfranken haben die Niederschläge eine leichte Entspannung gebracht. Hier muss aber ebenso wie bei den in ganz Bayern auftretenden trockenfallenden Gewässerstrecken die weitere Entwicklung der Niederschläge und des Abflusses abgewartet werden.
Main und Donau unterliegen im Rahmen der jeweiligen Alarmpläne weiterhin einer intensiven Überwachung, weisen aber momentan keine kritischen Werte bei den Überwachungsparametern auf.

Entwicklung in den Seen
Das Ökosystem der Seen wird maßgeblich von der Temperaturentwicklung im Jahresverlauf geprägt. Die Oberflächentemperaturen in Seen, die in diesem Jahr bereits Spitzenwerten erreicht hatten, sind durch die Regenfälle und die kühlere Witterung wieder gesunken. Die Phase der hohen Temperaturen hat in der Gewässerökologie u.a. Massenentwicklungen von Algen und Cyanobakterien gefördert, welche teilweise noch vorhanden sind. Meldungen über Blaualgenblüten gibt es aus Oberfranken, Mittelfranken und der Oberpfalz (Badesee Frensdorf, Badesee Breitengüßbach, Goldbergsee, Kleidersee, Altmühlsee, Dechsendorfer Weiher, Premreuther Weiher, Drachensee). Zeitweise wurden auch Badewarnungen und –verbote verhängt. Die toxinbildende Art Tychonema ist weiterhin im Mandichosee vorhanden. Aus dem Altmühlsee werden Massenentwicklungen der Wasserlinse gemeldet. In Oberbayern gibt es ebenfalls lokal stärkere Entwicklungen von Algen und Wasserpflanzen. Die bei höheren Wassertemperaturen auftretende Süßwasserqualle wurde im Rottachsee gefunden.
Durch die Regenfälle der vergangenen Wochen hat sich die Niedrigwassersituation in den meisten natürlichen Seen entspannt. Konkrete Auswirkungen der seit Jahren immer wieder auftretenden, teils langanhaltenden Trockenphasen auf Flora und Fauna der Uferzone können nur durch kontinuierliche Beobachtungen und Untersuchungen auch in den folgenden Jahren erkannt werden.

Ausblick:
Die derzeitige Trendvorhersage des Deutschen Wetterdienstes prognostiziert in der 31. und 32. Kalenderwoche zu kalte Temperaturnen. In der 33. Kalenderwoche normale Temperaturen und in der 34. Kalenderwoche zu warme Temperaturen. Als zu feucht werden die Kalenderwochen 31, 33 und 34 als durchschnittlich die Kalenderwoche 32 kategorisiert. Diese Einstufungen ergeben sich aus dem Vergleich mit dem Referenzzeitraum 2003 bis 2022. Daher wird sich die Niedrigwasserlage weiter entspannen.

Abb.1: Abweichungen vom mittleren Monatsniederschlag (1971-2000) für die Regionen Nord- und Südbayern im Verlauf der letzten 2 Jahre.



Abb.2: Anteil an Grundwassermessstellen und Quellen mit der Klassifizierung niedrig, sehr niedrig bzw. neuer Niedrigstwert in verschiedenen Grundwasserstockwerken im Verlauf der letzten 2 Jahre.


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