Niedrigwasser-Informationsdienst Bayern

Niedrigwasser-Lagebericht Bayern

Ausgegeben am 02.11.23, 15:00 Uhr

Zweitwärmstes Sommerhalbjahr bei einem Niederschlagsdefizit von 10 Prozent. Rund 41 Prozent der oberflächennahen Grundwassermessstellen und Quellen weisen niedrige und sehr niedrige Messwerte auf. In den tieferen Grundwasserstockwerken zeigen rund 66 Prozent der Messstellen eine Niedrigwassersituation.

Witterung:
Den Oktober prägten westliche sowie südwestliche Strömungen und bei häufigem Tiefdruckeinfluss zogen immer wieder Regenfälle über den Norden Bayerns. Dadurch regnete es zum Beispiel in Bad Kissingen doppelt so viel (89mm) wie in München (45mm). Nordbayern (Bayern nördlich der Donau) erreichte einen Monatsniederschlag von 70mm (111% vom Mittel 1971 bis 2000) und Südbayern (Bayern südlich der Donau) 58mm (81% vom Mittel, s. Abb. 1). Mit dem Monatswechsel ging das hydrologische Sommerhalbjahr zu Ende und die 6-Monats-Niederschlagssumme vom 01.05. bis 31.10.2023 beträgt für Nordbayern 401mm (93% vom Mittel und für Südbayern 581mm (90% vom Mittel). Somit fällt das Sommerhalbjahr 2023, wie bereits das Sommerhalbjahr 2022, zu trocken aus. Seit Mai blieben alle sechs Folgemonate zu warm (Oktober 2023: 3,4 Grad über dem Mittelwert 1971 bis 2000) und in der 143-jährigen Beobachtungsreihe war es das zweitwärmste Sommerhalbjahr nach 2018. Auch anhand von charakteristischen Kennzahlen lässt sich die überdurchschnittliche Erwärmung in diesem Sommerhalbjahr belegen. So erreichte die Anzahl der Sommertage (Tageshöchsttemperatur mindestens 25°C) circa das Doppelte des langjährigen Mittels und reicht von 45 (Hof), über 79 (München) bis 90 (Regensburg). Die Spannweite der heißen Tage (Tageshöchsttemperatur mindestens 30°C) erstreckt sich von 7 (Hof), über 16 (Augsburg) bis 29 (Regensburg) und entspricht in etwa dem Dreifachen des langjährigen Mittels. Einzelne Stationen verzeichneten zwei (München) bis vier (Würzburg) Wüstentage mit Lufttemperaturen über 35°C und zwei Tropennächte mit Tiefsttemperaturen von mindestens 20°C. Die Anzahl der Frosttage in den tieferen Lagen (Tagestiefsttemperatur unter 0°C) war mit 1 bis 3 unterdurchschnittlich.

Fließgewässer:
Anfang November zeigen ca. 20% der Messstellen in Bayern für die Jahreszeit niedrige Abflussverhältnisse, an ca. 5% der Messstellen werden aktuell Abflüsse unter dem langjährigen mittleren Niedrigwasserabfluss (MNQ) gemessen und als sehr niedrig eingestuft. Günstiger ist die Abflusssituation an Fließgewässerabschnitten, die durch Speicherabgaben gestützt werden.

Seen und Speicher:
Auch wenn die Wasserstände an den Seen im Süden Bayerns teilweise wieder angestiegen sind, treten weiterhin niedrige Wasserstände auf. An ca. 17% der beobachteten Seen und Speicher werden für die Jahreszeit niedrige Wasserstände, vereinzelt (11%) sehr niedrige Wasserstände registriert.

Die Betriebsräume der staatlichen Wasserspeicher mit Funktion der Niedrigwasseraufhöhung sind derzeit zu 65 bis 100% gefüllt. Lediglich der Niedrigwasser-Betriebsraum des Großen Brombachsees beträgt nur 44%. Diese Volumina können für die Niedrigwasseraufhöhung in Anspruch genommen werden.

An den drei staatlichen Wasserspeichern Ellertshäuser See, Eixendorfer See und Trinkwassertalsperre Mauthaus werden aktuell weiterhin Baumaßnahmen durchgeführt, so dass dort keine bzw. nur sehr begrenzt Niedrigwasseraufhöhung erfolgen kann. Der Eixendorfer See ist für Sanierungen (Bau eines neuen Grundablassschachtes) teilabgestaut (siehe auch: https://www.wwa-wen.bayern.de/fluesse_seen/massnahmen/eixendorfer_see/absenkung/index.htm). Der Ellertshäuser See wurde in 2021 für umfangreiche Sanierungsmaßnahmen komplett abgestaut (siehe auch: https://wwa-ellertshaeusersee.de/). Der Wiederaufstau wurde im September 2022 begonnen und wird derzeit noch wegen laufender Stahlwasserbauarbeiten auf dem Niveau des Grundsees gehalten.

Das Überleitungssystem Donau-Main versorgt derzeit über den Main-Donau-Kanal unter Mitwirkung des Rothsees das Maingebiet planmäßig mit Donauwasser. Aus ökologischen Gründen wird der Rothsee derzeit weiter abgestaut.

Die Betriebsräume der Trinkwassertalsperren Mauthaus und Frauenau sind jahreszeitlich bedingt mit ca. 70% ausreichend gefüllt und können uneingeschränkt zur Wasserlieferung an die Fernwasserversorger herangezogen werden.

Grundwasserstände:
Zum Ende des hydrologischen Sommerhalbjahres weisen rund 41 Prozent der oberflächennahen Grundwassermessstellen und Quellen niedrige und sehr niedrige Messwerte auf. In den tieferen Grundwasserstockwerken zeigen rund 66 Prozent der Messstellen eine Niedrigwassersituation.

Entwicklung der Grundwasserstände und Quellschüttungen im oberen Grundwasserstockwerk im hydrologischen Sommerhalbjahr 2023 (Mai bis Oktober):
Der regenreiche April sorgte zum Beginn des Sommerhalbjahres für eine insgesamt günstige Ausgangssituation im Grundwasser. Die anschließende ausgeprägte Trocken- und Hitzeperiode bis Mitte Juli hatte die Grundwassersituation jedoch schnell wieder verschärft, so dass zum Maximum an 59% der Messstellen eine Niedrigwassersituation registriert wurde. Erst der Witterungswechsel Ende Juli und die außergewöhnlich ergiebigen Niederschläge Ende August führten in vielen oberflächennahen und fließgewässerbegleitenden Grundwasservorkommen zu einem spürbaren Anstieg der Grundwasserstände. Dieser erwies sich jedoch als nicht nachhaltig. Die herbstliche Trockenheit, bei deutlich zu warmen Temperaturen, ließ die Grundwasserstände und Quellschüttungen wieder deutlich zurückgehen, so dass Mitte Oktober erneut an jeder zweiten Messstelle eine Niedrigwassersituation erfasst wurde. Derzeit führen die Niederschläge der letzten Oktobertage wieder zu einer geringfügigen Erholung (Abb. 2).
Viele fließgewässerferne Messstellen bzw. Messstellen mit mächtiger Überdeckung haben nicht, oder nur in geringem Maße, auf die sommerlichen Niederschläge reagiert, so dass hier mehrheitlich eine anhaltende Niedrigwassersituation registriert wurde.
Die Niedrigwassersituation zum Ende des Sommerhalbjahres mit 41% niedrige Messstellen ist insgesamt vergleichbar mit den Verhältnissen zum selben Zeitpunkt der Vorjahre (2022: 43%, 2021: 28%, 2020: 36%, 2019: 52%). Lediglich im Trockenjahr 2018 zeigten mit 69% deutlich mehr Messstellen eine Niedrigwassersituation.
In Nordbayern wurden in weiten Teilen Unter- und Oberfrankens, mit Ausnahme der Bereiche des Unteren Mains, insgesamt durchschnittliche Grundwasserstände und Quellschüttungen registriert. Besonders von niedrigen Grundwasserverhältnissen betroffen waren die Grundwasservorkommen des Fränkischen Jura und des Sandsteinkeupers.
In Südbayern waren die Grundwasservorkommen der Münchner Schotterebene, im südlichen Bereich auch Vorkommen entlang der Fließgewässer, sowie das Tertiär bzw. die Obere Süßwassermolasse von einer ausgeprägten Niedrigwassersituation betroffen. Hier wurde im bisherigen Jahr 2023 an viele Messstellen auch ein neuer Niedrigstwert registriert.

Entwicklung der Grundwasserneubildung in den letzten Jahren:
Aufgrund der zu geringen Niederschläge der letzten Jahre weist die Grundwasserneubildung in Bayern seit 2003 ein mittleres jährliches Defizit von 16% auf. Durch die zuletzt gehäuft aufgetretenen Trockenjahre (2015, 2018, 2019, 2020, 2022) kann dieses Defizit nicht nachhaltig durch einzelne regenreiche Monate ausgeglichen werden. Insbesondere (Stark ) Niederschläge in hoher Menge und kurzer Dauer fließen auf ausgetrockneten Böden teilweise direkt wieder an der Oberfläche ab. In Kombination mit der hohen Pflanzenverdunstung im Sommerhalbjahr (Mai-Oktober) stehen die Niederschläge für eine Auffüllung der Grundwasservorräte nur zu einem vergleichsweise geringen Anteil zur Verfügung. Eine Verbesserung der Situation durch eine nachhaltige und flächendeckende Regenerierung, speziell in fließgewässerfernen Grundwasservorkommen, ist nur durch ein außergewöhnlich niederschlagsreiches Winterhalbjahr 2023/24 (November bis April) möglich.

Entwicklung der Grundwasserstände in den tieferen Grundwasserstockwerken:
Die Grundwassermessstellen der tieferen Grundwasserstockwerke weisen bereits seit dem Trockenjahr 2015 mehrheitlich niedrige Grundwasserstände auf. Die Anzahl der als niedrig und sehr niedrig klassifizierten Grundwassermessstellen beträgt zum Ende des Sommerhalbjahres rd. 66% (Abb. 2). Besonders von niedrigen Grundwasserständen betroffen sind die Messstellen des Jura, des mittelfränkischen Sandsteinkeupers sowie des Tertiärs zwischen Alpenvorland und Donau.

Trinkwasserversorgung
Die Trinkwasserversorgung in Bayern ist insgesamt gesichert. Die trockene Wetterlage im Sommer 2023 führte dazu, dass seinerzeit von einigen wenigen Wasserversorgern vorsorgliche Aufrufe zum Wassersparen erfolgten oder Wasserspar-Anordnungen erlassen wurden. Derzeit ist nur noch von einem Wasserversorger im nord-östlichen Unterfranken bekannt, dass dessen Anordnung noch gültig ist, mit der bestimmte Nutzungen, z.B. Befüllen von Pools, Autowaschen, Reinigung von Verkehrsflächen, Beregnung von Rasenflächen, Spiel- und Sportplätzen untersagt werden.

Gewässerökologie Fließgewässer und Seen:
Die gewässerökologische Situation in unseren Fließgewässern wird maßgeblich durch das Zusammenspiel von Wassertemperatur, Sauerstoff und Abfluss bzw. Wasserstand und Strömung bestimmt. Jahreszeitlich bedingt liegen Wassertemperaturen und Sauerstoffkonzentrationen in einem gewässerökologisch günstigen Bereich. Es werden keine Überschreitungen der gesetzlichen Orientierungswerte der Wassertemperatur gemäß Oberflächengewässerverordnung (OGewV) mehr gemessen.
Die Abflusssituation hat sich im Vergleich zum letzten Lagebericht merklich entspannt: Nur noch in 25% der ausgewerteten Fließgewässer treten niedrige oder sehr niedrige Abflüsse auf (davor: 79%). Nichtsdestotrotz dominieren seit dem Frühjahr niedrige Wasserstände das Abflussgeschehen unserer Fließgewässer. Bei solch langanhaltenden und ausgedehnten Niedrigwasserphasen muss mit dauerhaften negativen Veränderungen in den aquatischen Lebensgemeinschaften gerechnet werden.

Entwicklung in den Seen
Das Ökosystem der Seen wird maßgeblich von der Temperaturentwicklung im Jahresverlauf geprägt. Das Winterhalbjahr mit kalten Nächten und kurzen Tagen bildet die Grundlage für die notwendige Abkühlung der gesamten Wassersäule eines Sees. So können die im Sommer entstandenen Sauerstoffdefizite über Grund aufgefüllt und die vorhandenen Nährstoffe im Frühjahr dem neuen Pflanzenwachstum zugeführt werden. Durch die im Sommer aber auch noch im vergangenen Monat sehr hohen Tagestemperaturen liegen die Wassertemperaturen Ende Oktober noch im zweistelligen Bereich. Ob die notwendige Abkühlung über den Winter in ausreichendem Maß stattfinden wird, kann man erst nach Ende des Winters anhand von Messungen feststellen.
Die zurzeit seit mehreren Wochen niedrigen oder sehr niedrigen Wasserstände vieler natürlicher Seen bewirken ausgetrocknete Uferbereiche. Im Herbst sind viele pflanzliche Organismen bereits abgestorben, Gelege und Jungtiere im Röhricht und Uferbereich sind momentan selten, eine Beeinträchtigung wird in dieser Hinsicht geringer ausfallen. Dauerstadien und Samen, die im Winterhalbjahr im Regelfall von Wasserbedeckung geschützt werden, können aber durch Kälte und Fraß geschädigt werden. Langfristige Auswirkungen der seit Jahren immer wieder auftretenden, teils langanhaltenden Trockenphasen auf Flora und Fauna der Uferzone können nur durch kontinuierliche Beobachtungen und Untersuchungen auch in den folgenden Jahren erkannt werden.

Ausblick:
Der derzeitige Niederschlagstrend des Deutschen Wetterdienstes klassifiziert die Kalenderwoche (KW) 45 als normal, die darauffolgenden drei Wochen (KW 46 bis 48) als zu feucht. Die zugehörigen Temperaturvorhersagen zeigen für die KW 45 normale und für die drei Folgewochen (KW 46 bis 48) zu warme Verhältnisse. Diese Einstufungen der DWD-Witterungsvorhersage ergeben sich aus dem Vergleich mit dem Referenzzeitraum 2003 bis 2022. Wenn diese Prognosen einträfen, könnte sich die Niedrigwasserlage weiter entspannen.

Abb.1: Abweichungen vom mittleren Monatsniederschlag (1971-2000) für die Regionen Nord- und Südbayern im Verlauf der letzten 2 Jahre.



Abb.2: Anteil an Grundwassermessstellen und Quellen mit der Klassifizierung niedrig, sehr niedrig bzw. neuer Niedrigstwert in verschiedenen Grundwasserstockwerken im Verlauf der letzten 2 Jahre.


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